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Gehörschutz für Musiker:innen - welche Möglichkeiten gibt es?

Aktualisiert: vor 4 Tagen

Schon Beethoven wusste: Das Gehör ist das wichtigste Werkzeug einer Musikerin und eines Musikers. Doch exzessive Lautstärke oder sehr hohe Lautstärken über viele Stunden des Alltags kann das Gehör schädigen und zu Hörverlust führen. Welche Möglichkeiten gibt es, das Gehör im Alltag oder beim Spielen am Instrument zu schützen?


“Seit zwei Jahren fast meide ich alle Gesellschaften, weil’s mir nun nicht möglich ist, den Leuten zu sagen: ich bin taub. Hätte ich irgendein anderes Fach, so ging’s noch eher; aber in meinem Fach ist das ein schrecklicher Zustand.”

Ludwig van Beethoven, Juni 1801, in einem Brief an Wegeler


Warum ist Gehörschutz für Musiker:innen wichtig?


Das Gehör ist das wichtigste Werkzeug eines Musikers. Doch exzessive Lautstärke oder sehr hohe Lautstärken über viele Stunden des Alltags kann das Gehör schädigen und zu Hörverlust führen.Dieser Verlust kann irreparabel sein und die musikalische Karriere gefärden. Deshalb ist Gehörschutz entscheidend, um das Gehör zu erhalten und gleichzeitig weiterhin auf hohem Niveau Musik machen und die feinen Nuancen von Musik und Klang geniessen zu können.


Siehe "Wie laut ist eigentlich Musik?" und "5 Mythen um Gehörschutz bei Musikern"


Arten von Gehörschutz für Musiker:innen

  1. Schaumstoff Gehörschutz: Diese herkömmlichen "Ohrstöpsel" sind eine kostengünstige Option, um das Gehör zu schützen. Sie sind meist in verschiedenen Dämmstufen erhältlich und für verschiedene Situationen ausgeschrieben (z.B. für Flugreisen, zum Schlafen oder für Industrielärm). Für das aktive Musizieren sind sie trotzdem meistens nicht gut genug, denn sie dämpfen fast immer zu stark. Ausserdem dämpfen sie meistens nicht alle Frequenzen gleich gut. Dies kann zu Veränderungen der Klangfarben-Wahrnehmung führen. Auch das nur lockere Einsetzen des Ohrstöpsels hilft dabei nicht und bietet vor allem dann auch nicht genug Schutz (siehe "gehörschutzmythen"). Sollte kein anderer Gehörschutz verfügbar sein, sind Schaumstoff-Ohrstöpsel jedoch besser als kein Schutz.

  2. Ohrstöpsel mit Spezial-Filter: Diese speziellen Ohrstöpsel ("etymotic earplugs") sind als universale Lösung aus Gummi und individuell an den Gehörgang angepasst erhältlich. Die Hersteller bieten meistens verschiedene Filter an, die in diese Ohrstöpsel eingebaut und ausgetauscht werden können. Für den Kontext Musik gibt es Filter, die über alle Frequenzen möglichst gleichmäßig abdämpfen, um die Klangfarbe nicht zu beeinträchtigen. Bei manchen Herstellern kann man auch die Stärke der Dämpfung wählen. Diese Lösung funktioniert und schützt besonders gut, wenn man sie individuell an den Gehörgang anpassen lässt. Dazu sind ein Abdruck des Gehörgangs und die Produktion der individuellen Form notwendig, weshalb die Lösung nicht ganz so günstig ist. Aber auch bei der universalen Variante werden verschiedene Größen mitgeliefert. Die Filter sind daher auch wieder verwendbar und austauschbar.

  3. In-Ear-Monitoring-Systeme: Diese Systeme werden oft auf Bühnen im jazz, Rock, Pop Bereich verwendet, um den Musikern ein präzises Hörerlebnis zu bieten. Hier funktioniert der Schutz nicht nur passiv über die Blockade des Ohrkanals, sondern auch aktiv, d.h. elektronisch. Sie können so eingestellt werden, dass sie Lautstärke der Musik am Ohr reduzieren, aber die Klangqualität erhalten. Bei dieser Lösung wird dadurch allerdings der Klang elektronisch an das Ohr übertragen, weshalb es meistens von Musikern verwendet wird, die sowieso elektronisch verstärkte Musik spielen.

  4. In-Ear- und Over-Ear-Kopfhörer: Viele In-Ear und Over-Ear Kopfhörer sind inzwischen mit aktiver Geräuschunterdrückung (ANC, "active noise cancelling") ausgestattet. Sie helfen besonders in lärmigen Alltagssituationen, wie auf Reisen oder im öffentlichen Nahverkehr. Diese Technik kann oft auch individuell per App gesteuert und eingestellt werden und kann daher unter Umständen auch beim Üben helfen. Wie bei allen Gehörschutzlösungen ist auch hier wichtig, dass die Kopfhörer dicht sitzen, da sonst teile des Schalles ungehindert an das Ohr gelangen.


Die richtige Passform und Anwendung


Egal, welche Option ihr wählt, die richtige Passform ist entscheidend. Jede Art Gehörschutz, ob passiv dämpfend oder aktiv elektronisch, muss möglichst dicht im Gehörgang sitzen. Maß gefertigter Gehörschutz oder individuell angepasste Ohrhörer sind deshalb oft die beste Wahl, da sie sich perfekt an die Ohren anpassen. Sie fühlen sich daher nicht nur besser an, sondern schützen auch besser: das Risiko wird, dass Klang am Gehörschutz vorbei in den Gehörgang gelangt, wird minimiert. Dadurch wird auch am ehesten eine gleichmäßige Dämpfung über alle Frequenzen und der Erhalt der Klangfarbenwahrnehmung erreicht.



Fazit

Gehörschutz ist für Musiker:innen und Musikliebhaber:innen keine Option sondern eine Notwendigkeit! Es ermöglicht uns, unsere Leidenschaft oder unseren Beruf möglichst lange auf möglichst hohem Niveau und mit der bestmöglichen Klangqualität auszuführen und alle Facetten von Musik wahrzunehmen und zu geniessen.


Quellen und weiterführende Literatur:

  • Altenmüller, E., & Klöppel, R. (2015). Die Kunst des Musizierens: von den physiologischen und psychologischen Grundlagen zur Praxis. Schott Music

  • Richter, B., Zander, M., Hohmann, B., & Spahn, C. (2011). Gehörschutz bei Musikern. HNO, 59(6), 538-546.

  • https://www.beethoven.li/zitate/

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